Bettina wird 1785 in die vermögende, in Frankfurt am Main ansässige Kaufmannsfamilie der Brentanos hineingeboren. Als siebentes von zwölf Kindern erzieht man sie nach dem Tod der Mutter zunächst in der Ursulinenschule in Fritzlar. Mit 13 Jahren nimmt sie ihre Großmutter, die seinerzeit berühmte Schriftstellerin Sophie La Roche, in ihre Obhut. Bettina Brentano hat einen wachen Geist, kühne Vorstellungen, sie ist unangepasst und frech. Ihre Geschwister bezeichnen sie gar als „Hauskobold". Einst soll sie sich gegen den begrüßenden Handkuss Johann Gottfried Herders, der auf Besuch ins Haus der Großmutter kam, mit einer schallenden Ohrfeige zur Wehr gesetzt haben. Herder allerdings muss die Tat gelassen aufgenommen haben. Denn er bescheinigt ihr im Nachhinein einen starken Willen, den sie zu ihrem eigenen Glück gebrauchen solle. Die selbstbewusste, schreibende Großmutter, die als angesehene Salonnière vielfältige Kontakte zur Literatur- und Kulturszene der Zeit pflegt, lehrt Bettina Latein und lässt ihr den Freiraum viele Bücher zu lesen. Es sind die folgenden Jahre, die die Heranwachsende sehr prägen.
1831, nach dem plötzlichen Tod Achim von Arnims, kommt für Bettina der Umbruch. Sie besinnt sich neu. Sie will ihr Leben nicht wirkungslos beenden, möchte mitten in ihm stehen, nicht an dessen Rande. Als sie endlich zu schreiben beginnt, ist sie schon eine Frau um die fünfzig. Doch nun hält es sie wie ein Fieber gepackt. Es ist der radikale Geist der romantischen Utopien, der sie vor Jahrzehnten mit der Freundin beflügelte, den sie jetzt literarisch wieder aufnimmt. Sie nutzt den realen Briefwechsel mit Karoline für ihren Briefroman „Die Günderode" (1840), verleiht auf diese Weise der alten Freundschaft künstlerisch Gestalt. Sie schreibt Gedichte, müht sich um die Gunst Johann Wolfgang von Goethes, den sie verehrt. Eine wirklich freundschaftliche Verbindung entsteht aber nur mit dessen Mutter. Die schriftliche Konversation mit Goethe, zu der es schließlich doch kommt, ist ihr als Vorlage für ihren Roman „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" (1835) dienlich. Bettina von Arnim nimmt außerdem die Veröffentlichung der Werke ihres Mannes vor und unterhält Kontakte zu namhaften Persönlichkeiten, wie Friedrich Schleiermacher, Robert Schumann oder den Brüdern Jakob und Wilhelm Grimm. Als die Märzrevolution ihre Vorboten sendet, verfasst sie das sozialkritische Werk „Dies Buch gehört dem König" (1843). Sie unterstützt die Brüder Grimm, als sie von der Zensur bedroht werden. Sie engagiert sich unermüdlich in den Berliner Elendsvierteln, hilft den Choleragepeinigten und wird nicht müde, dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. ihre Vorstellungen von staatlichen Reformen zur Linderung der Armut anzutragen. Sie kämpft mit dem Wort gegen Judenhass und die Todesstrafe. Mut gehört dazu, viel Mut, sich in diesen gefährlichen Zeiten politisch zu äußern, zudem als Frau. Immer wieder sieht sie sich der Zensur gegenüber. Aber Bettina von Arnim ist unerschrocken, voller Energie bis ins hohe Alter. Ihre kindlich-rebellische Freiheit hat sie sich zurück geholt.
---
Textquellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bettina_von_Arnim
http://www.zeit.de/2009/47/Vorbilder-Arnim
Norgard Kohlhagen: „Sie schreiben wie ein Mann, Madame!". Schriftstellerinnen aus zwei Jahrhunderten. München: Allitera 2001.
Christa Wolf: Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an. Ein Brief über die Bettine. In: Die Dimension des Autors. Aufsätze. Essays. Gespräche. Reden. Bd. II. 2. Auflage. Berlin: Aufbau 1989.
Bildquellen:
Ludwig Emil Grimm "Bettina von Arnim" ca. 1800-1810; gemeinfrei, wikpedia