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Die verlassene Schule bei Tschernobyl - Lost Place

Nic

Am 26. April 1986 kam es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen. Die freigesetzte Radioaktivität entsprach dem zehnfachen der Atom-Bombe von Hiroshima 1945. Erst drei Tage später wurde die 3 km entfernte Stadt Prypjat evakuiert und alle Bürger mussten ab 14 Uhr "vorübergehend" ihren Wohnort verlassen. Seither ist die Mittelschule der Stadt verwaist.

30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Doch genau die machen den Ort sehenswert. Der Großteil der Mittelschule ist in einem unberührten Verfallszustand. Die Wände verlieren ihre Farbe, die alten Schulbücher erinnern an den einstigen Schulalltag. Das Heft zeigt Klassenräumen, Flure, die Turnhalle und die große Schulaula.

Das Heft bietet in der Mitte ein doppelseitiges Poster.

ISBN: 978-3-86397-121-2

Preis: 3,00 €

Gutleutviertel

Gutleutviertel

Ralph Zade

Das Gutleutviertel hat eine charakteristische langgestreckte Form. Es schmiegt sich an das Nordufer des Mains an, mit der Gutleutstraße als Zentralachse, und wird im Norden durch die vom nahegelegenen Bahnhof ausgehenden Gleise und das Gallusviertel begrenzt. Im Westen grenzt es an Griesheim, im Osten an das Bahnhofsviertel. Heute wohnen hier knapp unter 6000 Menschen. Der Stadtteil ist, wie die angrenzenden Stadtquartiere, sehr multikulturell: 43% der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund.

Das durch teils sehr moderne Architektur – am markantesten ist der von Einheimischen wegen seiner an ein Apfelweinglas erinnernden Glasoberfläche als „Geripptes“ bezeichnete Westhafen-Tower – gekennzeichnete heutige Erscheinungsbild des Viertels lässt nicht vermuten, dass es hier früher ganz anders aussah, nämlich ländlich. Der Name „Gutleutviertel“ rührt vom ehemals hier stehenden Gutleuthof her. Der 1283 erstmals erwähnte, eine halbe Stunde vor den Toren Frankfurts gelegene Hof war früher ein Lepraspital; als „Gutleut“ wurden Leprakranke bezeichnet, an denen man gute Werke tun konnte, mit denen es freilich nicht allzu weit her war, denn heilen konnte man Lepra nicht. Dem hier gelegenen „Grindbrunnen“, einer Quelle, sprach man heilende Wirkung zu. Außerdem wollte man die Kranken aus Angst vor Ansteckung von der Stadtbevölkerung isolieren.

Später wurde der Hof als Teil der sogenannten Frankfurter Landwehr in die Stadtbefestigung integriert und stellte deren westlichsten Teil dar. Nachdem die Lepra Ende des 16. Jahrhunderts zurückgegangen war, konnte man ihn für andere Zwecke nutzen – u. a. als Gefängnis. Der berühmteste Insasse war von 1614 bis zu seiner Hinrichtung 1616 Vincenz Fettmilch, einer der Anführer des nach ihm benannten Fettmilch-Aufstandes. Ab dem 17. Jahrhundert wurde der Hof überwiegend für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. So war es auch noch im 18. Jahrhundert. Goethe beschrieb die Örtlichkeit in „Dichtung und Wahrheit“ so: „An dem rechten Ufer des Mains unterwärts, etwa eine halbe Stunde vom Tor, quillt ein Schwefelbrunnen, sauber eingefaßt und mit uralten Linden umgeben. Nicht weit davon steht der Hof zu den guten Leuten, ehmals ein um dieser Quelle willen erbautes Hospital. Auf den Gemeinweiden umher versammelte man zu einem gewissen Tage des Jahres die Rindviehherden aus der Nachbarschaft, und die Hirten samt ihren Mädchen feierten ein ländliches Fest, mit Tanz und Gesang, mit mancherlei Lust und Angezogenheit.“ Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Hof bei einem Brand stark zerstört, dann aber wieder aufgebaut. Ab 1873 gehörte er zeitweise der Hessischen-Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft, die Besitzer wechselten danach mehrfach. 1940 kaufte die Firma Jöst den Hof, machte ihn zu einem Ausflugsziel und betrieb drumherum Weinbau. Das ging nur bis Anfang der 70er Jahre gut. 1978 wurde der Hof schließlich abgerissen und durch einen Berufsschulbau ersetzt, was den Charakter des Stadtviertels nachhaltig veränderte und von Vielen beklagt wurde.

Eine Veränderung hatte allerdings schon im 19. Jahrhundert eingesetzt. 1877 wurde die Gutleutkaserne gebaut, ein markanter Backsteinbau, der nach dem 2. Weltkrieg von den Amerikanern genutzt wurde, und heute mehreren Behörden und Gerichten, darunter den Frankfurter Finanzämtern und dem Hessischen Landesarbeitsgericht, als Domizil dient. Besonders folgenreich waren aber die Verkehrsbauten: 1886 wurde der Westhafen eröffnet, 1888 der Hauptbahnhof. Dazu kam im Viertel 1894 das erste Frankfurter Elektrizitätswerk, das eines der ersten Dampfkraftwerke in Deutschland war; heute steht hier das Heizkraftwerk West. Die Infrastrukturbauten verbesserten die Bedingungen für Industrie und Gewerbe nachhaltig. Das begünstigte den Zuzug von Arbeitern und so wurde das Gutleutviertel zu einem Arbeiterviertel, dessen Leumund nicht immer der beste war. 1968 wurde der Flusshafen Gutleuthof eröffnet, der im Gegensatz zum Westhafen noch in Betrieb ist.

1993 beschloss das Frankfurter Stadtparlament den Ausbau des Gutleutviertels auf dem Gelände des obsolet gewordenen Westhafens. Damit wurde ein Kontrapunkt zum bestehenden Charakter des Viertels gesetzt. Im heutigen Gutleutviertel treffen dadurch scharfe bauliche und auch gesellschaftliche Gegensätze aufeinander. Im westlichen Teil des Viertels findet man nach wie vor industrielle Nutzung, während im östlichen Teil Dienstleistungs- und Bürobetriebe überwiegen, dazu kommen teure Wohnungen – dieser Teil ist stark gentrifiziert und wird vielfach als Trendstadtteil bezeichnet. Allerdings gibt es im westlichen Teil mit dem im 19. Jahrhundert durch den Bankier Johann Noe Gogel (1758-1825) als englischem Landschaftspark geschaffenen Sommerhoffpark auch Grün als Kontrast zum Industriegelände. Leider sind die einst im Park stehenden Bauten – vor allem das Herrenhaus – nicht mehr erhalten. Der Park gehört seit 1928 der Stadt Frankfurt, die ihn der Öffentlichkeit zugänglich machte; der einzige Eingang befindet sich im westlichen Teil der Gutleutstraße.

Neben dem Park und dem Mainufer sind für Besucher auch die multikulturellen Aspekte des Stadtteils – dies schlägt sich auch in entsprechenden Einkehrmöglichkeiten nieder – von Interesse, dazu kommen höherpreisige Restaurants im Westhafenbereich, und so ist das Gutleutviertel stets einen Abstecher wert, wenn man z. B. vom nahegelegenen Bahnhof kommt. Nach wie vor ist es einer der am verkehrsgünstigsten gelegenen Frankfurter Stadtteile, sodass die Anfahrt keine Probleme bereitet (die Frankfurter Verkehrsbetriebe haben hier auch einen Betriebshof mit einer langen Geschichte).


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Bildquellen:

Vorschaubild: Mainpanorama mit Gutleuthof, Gouache, um 1825 via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Stadtgebiet und Landwehr, zwischen 1712 und 1714, Kupferstich von Johann Baptist Hermann, Gebietsgrenzen korrigiert nach Friedrich Bothe via

Wikimedia Commons Gemeinfrei

Gutleutkaserne, Eingang, 2017, Urheber: DXR via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Ansicht der Stützmauer der östlichen Terrasse des Sommerhoffparks von Westen. Am rechten Bildrand der Fluss Main, 2012, Urheber: Frank Behnsen via

Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0


Textquellen:

Goethe, Johann Wolfgang von: Dichtung und Wahrheit, Erster Teil, Erstes Buch in: Goethes Werke, Hamburger Ausgabe: Trunz, Erich (Hrsg.), Band 9, Autobiographische Schriften I, München, 1981, S.26.

Pehl, Hans: Als sie einst die Stadt schützten - Frankfurts befestigte Gutshöfe, Frankfurt am Main, 1978.

Gedziorowski, Lukas: Die Seele entrissen, Beitrag in der Frankfurter Rundschau zum Gutleuthof: abgerufen von > https://www.fr.de/frankfurt/spd-org26325/seele-ent... < am 18.11.2019.

Seite der Frankfurter Verkehrsbetriebe zum Gutleutviertel und dem dortigen Betriebshof: abgerufen von > https://blog.vgf-ffm.de/gutleutviertel/ < am 18.11.2019.

Das Gutleutviertel auf Frankfurt.de: abgerufen von >https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2835...< am 18.11.2019.


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